Jede Phase zählt

Jede Phase zählt

Einführung: Die Bedürfnisse eines Kindes

Wenn etwas richtig gut werden soll, zählt jeder Schritt. Jede Phase eines Projekts hat ihren Wert und ihre Bedeutung für den Ausgang desselben. Unsere Kinder sind mehr als ein Projekt. Sie sind für uns die wertvollsten Menschen und unser Vermächtnis. Umso erstaunlicher ist es, wenn wir uns wenig Gedanken darüber machen, was unsere Kinder zu welchem Zeitpunkt brauchen. Wenn wir wüssten, was ihre Bedürfnisse in den verschiedenen Lebensphasen sind oder wovon sie geprägt werden, könnten wir Mängeln vorbeugen und ihnen genau das bereitstellen, was ihnen guttut.

Erik H. Erikson, deutsch-amerikanischer Psychoanalytiker, hat uns verstehen geholfen, dass wir uns jeder Lebensphase sehr bewusst sein sollten[1]. Gemeinsam mit seiner Ehefrau entwickelte er ein Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung. Wir Menschen wollen uns entwickeln und haben dabei das Bedürfnis, von Menschen geprägt zu werden, die in jeder unserer Lebensphasen spezifische Rollen ausfüllen. Und wie ein Schmied das Eisen schmiedet, solange es heiß ist, sind wir als Eltern zu bestimmten Zeiten besonders gefragt – zu anderen Zeiten eher weniger.

Dieser Einfluss bestimmter Persönlichkeiten zu bestimmten Zeiten hinterlässt seine Spuren in unserem ganzen Wesen – emotional, sozial, intellektuell, physisch und geistlich. Und wenn diese Einflüsse fehlen oder unzureichend sind, hinterlässt das Wunden, die sich später auf verschiedene und oftmals unerwartete Weise bemerkbar machen können. Wenn man von einer wunderbaren Großmutter erzogen wird, kann das den Schmerz lindern, einen abwesenden Vater zu haben, oder einen, von dem man misshandelt wird. Doch ohne die notwendigen Eindrücke, die ein Vater oder eine Mutter dem Leben eines Kinders einprägt, werden daraus trotzdem Kämpfe resultieren, die eine spezifische Folge dieser fehlenden Vater-/Mutterprägung in unserem Leben sind. Stellt sich die Frage: welche Beziehungen sollten unser Leben wann am stärksten prägen?

[1] Erik H. Erikson, Childhood and Society, W.W. Norton & Company (1963) and Identity and the Life Cycle, W.W. Norton & Company (1980)

Geburt bis 5 Jahre

Das ist nach Erikson die Phase der Mutter. Sie reicht von der Geburt bis etwa zum 5. Lebensjahr. Das bedeutet nicht, dass andere Personen nicht wichtig wären, doch die Mutter ist in dieser Phase definitiv die vorrangige Entwicklungshelferin im Leben eines Kindes. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Vater keine Relevanz für Säuglinge und Kleinkinder hat. Die Priorität des sekundär Verantwortlichen sollte es sein, die Rolle des vorrangig Verantwortlichen in jeder Phase zu würdigen und damit zu verstärken. So bleiben beide Elternteile jederzeit entscheidende Faktoren in der Entwicklung von Kindern.

6. bis 11. Lebensjahr

Die erste Phase des Einflusses des Vaters reicht vom 6. bis zum 11. Lebensjahr. Nun wird der Vater der erstrangige Ansprechpartner im Leben des Kindes. Die spezifischen Beiträge von Vätern und Müttern in den verschiedenen Altersphasen erläutern wir in weiteren Artikeln.

12. bis 18. Lebensjahr

In dieser Phase prägen Freunde das Leben von Kindern am stärksten. Es ist die Phase des Gruppenabenteuers, in der ein Kind sein Sozialverhalten lernt und wie es in diese Gesellschaft hineinpasst. Es lernt dies vorwiegend von seinen Freunden.

19. bis 21. Lebensjahr

Mit dem Erwachsenenalter wenden sich Kinder wieder stärker ihrem Vater zu. Obwohl die Kinder auch dann noch sehr mit ihren Freunden verbunden sind, kann der Vater an diesem Punkt nochmal die Identität seines Kindes stärken und es für das eigenständige Erwachsensein vorbereiten.

Ab dem 22. Lebensjahr

Die Phase des kulturellen Einflusses setzt vom 22. Lebensjahr an ein. Nun müssen Ihre erwachsenen Kinder auf eigenen Füßen stehen und ihre eigenen Werte leben und verteidigen. Die Eltern nehmen ab hier eine nachrangige Stellung im Leben des Kindes ein, je mehr es sich eine eigene Existenz aufbaut. Sie sind das Backup und die entscheidende Unterstützung, falls benötigt. Doch, obwohl es in jeder Wachstumsphase einen vorrangigen Entwickler gibt, bleiben sowohl die Mutter als auch der Vater das ganze Leben des Kindes hindurch wichtig.

Cassie Carstens

Cassie Carstens ist der Gründer der internationalen Bewegung "The world needs a father" und lehrt weltweit zum Thema Vaterschaft.